Bernhard Werner: Als Kunde unserer Bank können Sie bislang ruhig schlafen, denn Ihre Ersparnisse sind umfangreich abgesichert. Alle deutschen Genossenschaftsbanken unterliegen der gesetzlichen Einlagensicherung und unterhalten darüber hinaus gemeinsam eine freiwillige Sicherungseinrichtung zum Schutz der Spargelder. Diese sogenannte Institutssicherung funktioniert wie ein Frühwarnsystem. Es verhindert von vornherein, dass angeschlossene Kreditinstitute in existenzielle Schwierigkeiten geraten und Kunden um ihre Einlagen bangen müssen. In den vergangenen 80 Jahren musste noch kein Sparer einer Genossenschaftsbank entschädigt werden. Die Einlagen sind also gut geschützt – zumindest solange sich die EU-Kommission nicht mit ihren neuen Vorschlägen für eine europäische Einlagensicherung durchsetzen kann.
Finger weg von unserem Sparerschutz
Interview mit Bernhard Werner, Vorstandssprecher bei der Raiffeisenbank im Naabtal eG, zu den Plänen für eine europäische Einlagensicherung
Herr Werner, wie sind die Einlagen und Ersparnisse bei den bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken geschützt?
Was plant die EU-Kommission bei der Einlagensicherung und was bedeutet das für die Kunden?
Vorstand Werner: Die EU-Kommission will durchsetzen, dass zukünftig die Einlagen aller Bankkunden einem einheitlichen europäischen Einlagensicherungssystem unterliegen. Alle Kreditinstitute – auch die deutschen – sollen bis zum Jahr 2024 jährlich Geld in einen Sicherungstopf auf EU-Ebene einzahlen. Aus dem sollen dann Spareinlagen in Höhe von bis zu 100.000 Euro erstattet werden, wenn eine Bank irgendwo in Europa in Schieflage gerät. Der Grund für diesen Plan: Anders als in Deutschland haben es viele europäische Staaten versäumt, stabile Einlagensicherungssysteme zu etablieren. Das will Brüssel jetzt nachholen. Bewährte nationale Schutzsysteme wie die Institutssicherung der Volksbanken und Raiffeisenbanken in Deutschland sollen damit künftig in dem europäischen System aufgehen. Die Raiffeisenbank im Naabtal eG müsste dann zum Beispiel auch für Kunden griechischer Banken mithaften. Damit wird das von deutschen Bankkunden geschätzte Sicherheitsniveau ihrer Einlagen gefährdet.
Macht eine europäische Einlagensicherung für Sparer und Banken in Deutschland dann überhaupt Sinn?
Vorstand Werner: Nein. Viele Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik in Deutschland lehnen eine europäische Einlagensicherung ab. Abgesehen davon, dass es keinen Sinn macht, ein in Deutschland funktionierendes System durch ein neues zu ersetzen: In den Bilanzen vieler europäischer Banken liegen deutlich höhere Risiken als in denen deutscher Institute. So beträgt beispielsweise der Anteil notleidender Kredite der Banken in Zypern mehr als 45 Prozent, während es bei den deutschen Instituten lediglich 2,5 Prozent sind. Darüber hinaus halten gerade die südeuropäischen Banken im großen Stil Staatsanleihen ihrer hoch verschuldeten Heimatländer. Für diese Risiken würden die solide aufgestellten deutschen Institute im Rahmen einer europäischen Einlagensicherung mithaften. Denn sollte eine ausländische Bank aufgrund dieser Problemengagements in Zahlungsschwierigkeiten geraten, müsste womöglich auch der EU-Sicherungstopf angezapft werden, um die Einlagen der Kunden auszuzahlen. In letzter Konsequenz müssen also die Volksbanken und Raiffeisenbanken in Bayern mit ihren eingezahlten Geldern für die Risiken ausländischer Banken geradestehen. Damit würden die Mittel aufgezehrt, die für den Fall des Falles zum Schutz Ihrer Einlagen von den Banken angespart werden.
Das heißt, der Schutz der Einlagen verschlechtert sich für die Bankkunden in Deutschland?
Bernhard Werner: Bislang bieten die Volksbanken und Raiffeisenbanken durch die Institutssicherung ein ausgesprochen hohes Schutzniveau für Einlagen. Sollten die Pläne der EU-Kommission umgesetzt werden, müssten die Volksbanken und Raiffeisenbanken die Gelder, die sie zum Schutz ihrer Kunden ansparen, in den europäischen Sicherungstopf einzahlen. Die Mittel würden dann auch nicht mehr von den Volksbanken und Raiffeisenbanken verwaltet, sondern von einer europäischen Behörde. Diese würde dann auch über die Verwendung der Gelder entscheiden. Damit droht eine Verschlechterung des Sparerschutzes in Deutschland. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken wollen das im Interesse ihrer Kunden nicht hinnehmen. Sie setzen sich dafür ein, das hohe Schutzniveau der Einlagen auch in Zukunft zu erhalten.
Sind die Pläne für eine europäische Einlagensicherung überhaupt noch zu verhindern?
Bernhard Werner: Ja. Allerdings liegt bereits ein Gesetzesvorschlag der EU-Kommission vor. Es ist deshalb erforderlich, sich jetzt mit aller Vehemenz dafür einzusetzen, dass dieser Gesetzesentwurf nicht realisiert wird. Gemeinsam müssen wir darauf drängen, dass Bundesregierung sowie deutsche Europaabgeordnete für die Belange der deutschen Sparer eintreten und Widerstand gegen die Pläne der Kommission leisten. Es ist wichtig, dass das bewährte Sicherungssystem zum Schutz Ihrer Spargelder nicht europäisiert wird. Dafür wollen wir uns in den nächsten Wochen einsetzen – gerne mit Ihrer argumentativen und politischen Unterstützung.